Was bedeutet Unterversicherung in der Wohngebäudeversicherung?
Eine Unterversicherung liegt vor, wenn die Versicherungssumme einer Wohngebäudeversicherung niedriger angesetzt ist als der tatsächliche Wert der Immobilie. In diesem Fall würde die Versicherung im Schadensfall nicht die vollen Kosten für Reparaturen oder Wiederaufbau übernehmen, sondern nur anteilig zahlen. Das kann für Hausbesitzer im Ernstfall erhebliche finanzielle Belastungen bedeuten, da sie die Differenz aus eigener Tasche zahlen müssen.
Die Gefahr der Unterversicherung entsteht häufig durch falsche Einschätzungen des Gebäudewerts oder durch unterlassene Anpassungen der Versicherungssumme nach Renovierungen oder Wertsteigerungen. Es ist daher für jeden Eigentümer essenziell, den Versicherungswert regelmäßig zu prüfen und bei Bedarf anzupassen.
Wie kommt es zur Unterversicherung?
Eine der häufigsten Ursachen für Unterversicherung ist eine anfänglich zu niedrig angesetzte Versicherungssumme. Oft wird der Wert einer Immobilie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses falsch berechnet oder die Baupreise steigen im Laufe der Jahre, ohne dass die Versicherungssumme entsprechend angepasst wird. Ein weiterer häufiger Grund ist, dass Hausbesitzer nachträgliche Renovierungen oder wertsteigernde Maßnahmen wie den Ausbau eines Dachgeschosses oder die Modernisierung von Heizungsanlagen nicht bei ihrer Versicherung melden.
Dies kann gravierende Folgen haben, da die Versicherung im Schadensfall eine anteilige Kürzung der Leistungen vornimmt. Ein Beispiel: Wenn eine Immobilie tatsächlich einen Wert von 500.000 Euro hat, die Versicherungssumme jedoch nur auf 400.000 Euro festgelegt ist, bedeutet dies eine Unterversicherung von 20 %. Im Schadensfall würde die Versicherung nur 80 % der Kosten übernehmen – auch wenn der Schaden den gesamten Wert des Gebäudes betrifft.
Warum ist eine korrekte Versicherungssumme so wichtig?
Eine korrekt festgelegte Versicherungssumme ist entscheidend, um im Schadensfall nicht auf Kosten sitzen zu bleiben. Die Versicherung soll im Idealfall die gesamten Kosten für die Wiederherstellung des Gebäudes übernehmen – egal, ob es sich um Schäden durch Feuer, Sturm, Leitungswasser oder andere Gefahren handelt. Wenn die Versicherungssumme zu niedrig ist, zahlt die Versicherung jedoch nur anteilig, was bedeutet, dass der Eigentümer im schlimmsten Fall große finanzielle Belastungen selbst tragen muss.
Wichtige Gründe für die korrekte Festlegung der Versicherungssumme sind:
- Finanzieller Schutz im Schadensfall: Eine zu niedrige Versicherungssumme kann dazu führen, dass der Eigentümer mehrere Zehntausend Euro oder mehr aus eigener Tasche zahlen muss.
- Schutz vor steigenden Baukosten: Die Baukosten sind in den letzten Jahren stark gestiegen, und es ist wichtig, dass die Versicherungssumme diesen Entwicklungen angepasst wird.
- Vermeidung von Streitigkeiten mit der Versicherung: Im Schadensfall prüfen Versicherungen genau, ob eine Unterversicherung vorliegt. Wenn dies der Fall ist, kann es zu langwierigen Auseinandersetzungen kommen.
Wie lässt sich eine Unterversicherung vermeiden?
Um eine Unterversicherung zu vermeiden, sollten Hausbesitzer folgende Maßnahmen ergreifen:
- Regelmäßige Überprüfung der Versicherungssumme: Mindestens alle drei bis fünf Jahre sollte der Versicherungswert des Gebäudes überprüft werden, um sicherzustellen, dass er dem aktuellen Marktwert entspricht. Das gilt besonders nach größeren Modernisierungen oder Umbauten.
- Indexanpassung nutzen: Viele Versicherungen bieten Verträge mit einer sogenannten Indexanpassung an. Hierbei wird die Versicherungssumme jährlich automatisch an die Baukostenentwicklung angepasst. Dadurch bleibt der Versicherungsschutz auch bei steigenden Baukosten ausreichend.
- Fachgerechte Wertermittlung: Beim Abschluss einer Wohngebäudeversicherung sollte der Wert des Gebäudes durch einen Experten oder ein zertifiziertes Verfahren ermittelt werden. Dies vermeidet von Anfang an eine falsche Einschätzung des Gebäudewerts.
- Wertsteigernde Maßnahmen melden: Wenn Renovierungen, Umbauten oder andere Maßnahmen zur Wertsteigerung des Gebäudes durchgeführt werden, sollten diese der Versicherung unverzüglich gemeldet werden. So kann die Versicherungssumme entsprechend angepasst werden.
Was passiert im Schadensfall bei einer Unterversicherung?
Kommt es zu einem Schadensfall und die Versicherung stellt fest, dass eine Unterversicherung vorliegt, wird der Schaden nur anteilig ersetzt. Dies bedeutet, dass die Versicherung die Entschädigung im Verhältnis zur festgestellten Unterversicherung kürzt.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung:
- Der tatsächliche Gebäudewert beträgt 600.000 Euro.
- Die festgelegte Versicherungssumme liegt jedoch nur bei 450.000 Euro.
- Es entsteht ein Schaden in Höhe von 100.000 Euro.
Da die Versicherungssumme nur 75 % des tatsächlichen Werts entspricht, übernimmt die Versicherung auch nur 75 % des Schadens. Das bedeutet, dass der Hausbesitzer 25.000 Euro selbst tragen muss.
Eine Ausnahme kann bestehen, wenn der Versicherungsvertrag eine Klausel zur sogenannten „Unterversicherungsverzichtsklausel“ enthält. In diesem Fall verzichtet die Versicherung darauf, eine Kürzung der Leistungen aufgrund einer Unterversicherung vorzunehmen – jedoch meist nur unter bestimmten Bedingungen.
Welche Rolle spielt die Unterversicherungsverzichtsklausel?
Einige Versicherungsanbieter bieten die Möglichkeit, eine Unterversicherungsverzichtsklausel in den Vertrag aufzunehmen. Diese Klausel schützt den Versicherungsnehmer vor Leistungskürzungen im Schadensfall aufgrund einer Unterversicherung. Allerdings gibt es hier meist Bedingungen, wie zum Beispiel:
- Der Versicherungswert muss bei Vertragsabschluss korrekt ermittelt worden sein.
- Die Indexanpassung muss aktiviert sein, um jährliche Anpassungen an den Baukosten zu berücksichtigen.
- Wertsteigernde Maßnahmen am Gebäude müssen der Versicherung gemeldet werden.
Diese Klausel kann für Eigentümer eine sinnvolle Absicherung darstellen, um sich vor unkalkulierbaren Kosten zu schützen. Trotzdem sollte auch hier regelmäßig geprüft werden, ob die Versicherungssumme noch den aktuellen Gegebenheiten entspricht, um ein böses Erwachen im Schadensfall zu vermeiden.
Durch eine gut geplante Absicherung können Eigentümer sicherstellen, dass ihre Immobilie im Ernstfall vollständig abgesichert ist und sie keine finanziellen Nachteile aufgrund einer Unterversicherung erleiden.